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Landkreis Freudenstadt muss für die Betreuung im Heilbronner Frauenhaus zahlen

Datum: 08.05.2015

Kurzbeschreibung: Der Vertrag zwischen Stadt und Landkreis Heilbronn und dem Träger des dortigen Frauen- und Kinderschutzhauses entspricht den gesetzlichen Vorgaben.



Der Vertrag zwischen Stadt und Landkreis Heilbronn und dem Träger des dortigen Frauen- und Kinderschutzhauses entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Dies entschieden die Richter des 12. Senats des Landessozialgerichts und verurteilten den Landkreis Freudenstadt, die Kosten für die psychosoziale Betreuung einer von dort stammenden Frau im Heilbronner Frauenhaus zu erstatten. Der beklagte Landkreis hatte eine Kostenübernahme unter anderem mit der Begründung verweigert, die vertraglichen Grundlagen entsprächen nicht den Vorgaben des Sozialgesetzbuchs.

Zum Streit zwischen den beiden kommunalen Trägern kam es, nachdem eine ursprünglich im Landkreis Freudenstadt wohnhafte Frau im Heilbronner Frauenhaus Zuflucht vor ihrem gewalttätigen und alkoholabhängigen Ehemann gesucht hatte. Die Frau, die zuvor von ihrem Mann misshandelt und eingesperrt worden war, lebte über einen Zeitraum von neun Monaten im Frauenhaus und wurde dort psychosozial betreut. Der Landkreis Freudenstadt, der selbst über keine eigenes Frauenhaus verfügt, verpflichtete sich wiederholt, für die Kosten aufzukommen.

Als ihm dann aber gut 25.000 € in Rechnung gestellt wurden, weigerte sich der beklagte Landkreis zu zahlen. Nicht er, sondern das Jobcenter Freudenstadt sei der richtige Ansprechpartner, lautete eine erste formale Begründung. Außerdem seien die zwischen Stadt bzw. Landkreis Heilbronn und dem Träger des Heilbronner Frauenhauses, einem Träger der freien Wohlfahrtspflege, vereinbarten Tagessätze deutlich überhöht; die vertraglichen Ver-einbarungen genügten den gesetzlichen Anforderungen insgesamt nicht.

Dem widersprachen die Stuttgarter Richter in zweiter Instanz und verurteilten den beklagten Landkreis zur Zahlung. Der Vertrag zwischen Träger und Stadt bzw. Landkreis Heilbronn sei wirksam und begründe einen Zahlungsanspruch des Trägers. Da die untergebrachte Frau aus dem Landkreis Freudenstadt stamme habe dieser den Rechnungsbetrag zu erstatten. Das Zweite Buch des Sozialgesetzbuchs stelle zwar besondere Anforderungen an Verträge zwischen Grundsicherungsträgern und Dritten, die - wie hier - im Auftrag der Jobcenter Leistungen erbringen. Die Anforderungen dürften jedoch nicht überspannt werden. Dies gelte insbesondere bei Trägern der freien Wohlfahrtspflege, deren Unterstützung das Gesetz ausdrücklich fordere.

Das Sozialgericht Heilbronn hatte in erster Instanz noch die gegenteilige Ansicht vertreten. Es mangele vor allem an Vereinbarungen über Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen, hatte das Heilbronner Gericht sein klageabweisendes Urteil begründet. Mangels einer ausreichenden vertraglichen Grundlage habe der Träger des Frauenhauses schon gegenüber dem Jobcenter Heilbronn keinen Zahlungsanspruch; deshalb scheide ein Erstattungsanspruch gegen den Landkreis Freudenstadt aus.



Die das Heilbronner Urteil aufhebende Entscheidung des Landessozialgerichts war mit Spannung erwartet worden. Die zwischen Stadt und Landkreis Heilbronn und dem Träger des Frauenhauses abgeschlossene Vereinbarung entspricht nämlich dem üblichen Standard von Verträgen zwischen Betreibern von Frauenhäusern und kommunalen Trägern. Die Tragweite des Stuttgarter Urteil geht deshalb über den konkret entschiedenen Fall weit hinaus.



Urteil des 12. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 08.05.2015



Az.: L 12 AS 1955/14

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II)

- Grundsicherung für Arbeitsuchende -

§ 17 Einrichtungen und Dienste für Leistungen zur Eingliederung

(1) Zur Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sollen die zuständigen Träger der Leistungen nach diesem Buch eigene Einrichtungen und Dienste nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen und Dienste Dritter vorhanden sind, ausgebaut oder in Kürze geschaffen werden können. Die zuständigen Träger der Leistungen nach diesem Buch sollen Träger der freien Wohlfahrtspflege in ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende angemessen unterstützen.

(2) Wird die Leistung von einem Dritten erbracht und sind im Dritten Buch keine Anforderungen geregelt, denen die Leistung entsprechen muss, sind die Träger der Leistungen nach diesem Buch zur Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Dritten oder seinem Verband eine Vereinbarung insbesondere über

1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen,

2. die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzen kann, und

3. die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen besteht. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen.

§ 36a Kostenerstattung bei Aufenthalt im Frauenhaus

Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.






Rupert Hassel

Richter am Landessozialgericht

- Pressesprecher -

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