Voraussetzungen für steuerliche Erleichterungen (Tarifermäßigungen) bei Holznutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzungen)
Holznutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzungen) sind Nutzungen, die durch Eis-, Schnee-, Windbruch oder Käferfraß oder ein anderes Naturereignis, das in seinen Folgen den angeführten Ereignissen gleichkommt, verursacht werden (§ 34b Abs. 1 Nr. 2 EStG). Zu den Kalamitätsnutzungen zählen nicht Schäden, die in der Forstwirtschaft regelmäßig entstehen, wie einzelne dürre Bäume, Schäden durch Blitzschlag, einzelne Windwürfe oder Käferbäume, soweit sie sich im Rahmen der regelmäßigen Abgänge halten (R 34b.2 Abs. 4 EStR).
Die ermäßigten Steuersätze des § 34b EStG sind auf Einkünfte aus Kalamitätsnutzungen unter folgenden Voraussetzungen anwendbar:
Voraussetzung für die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes:
- Die Schäden infolge höherer Gewalt müssen unverzüglich nach Feststellung des Schadensfalles der zuständigen Finanzbehörde (in Baden-Württemberg der Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg mit Sitz in Karlsruhe) mitgeteilt und nach der Aufarbeitung mengenmäßig nachgewiesen werden (§ 34b Abs. 4 Nr. 2 EStG).
- Das veräußerte oder entnommene Holz muss getrennt nach ordentlichen und außerordentlichen Holznutzungen im
Wirtschaftsjahr nachgewiesen werden (§ 34b Abs. 4 Nr. 1 EStG). Liegt ein solches Gutachten vor, ist der darin anerkannte Hiebsatz als
steuerlicher Nutzungssatz anzusetzen.
Zusätzliche Voraussetzung für ein Viertel des durchschnittlichen Steuersatzes:
- Ein Nutzungssatz muss in einem Betriebswerk bzw. Betriebsgutachten berechnet und durch die Finanzbehörde festgesetzt sein (§ 68 EStDV). Aus Vereinfachungsgründen gilt bei Betrieben mit bis einschließlich 50 Hektar forstwirtschaftlich genutzter Fläche ein pauschaler Nutzungssatz von 5 Erntefestmeter je ha, wenn nicht bereits aus anderen Gründen ein amtlich anerkanntes Betriebsgutachten oder Betriebswerk vorliegt. (R 34b.6 Abs. 3 EStR).
- Die außerordentlichen Holznutzungen ohne Berücksichtigung der Normalnutzung müssen den Nutzungssatz übersteigen (§ 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG), wobei der ein Viertel-Steuersatz nur für den übersteigenden Teil gilt.
Wie kann ich Kalamitätsnutzungen steuerlich geltend machen ?
I. Kalamitätsnutzungen (außer Rotfäule)
- Anmeldung des Schadens mit Formular ESt
34b-Mitteilung (Voranmeldung)
Kalamitätsnutzungen sind unverzüglich nach Feststellung des Schadens bei der Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg anzumelden. Für die Anmeldung ist der Vordruck ESt 34b-Mitteilung (Voranmeldung) zu verwenden.
Der geschätzte Schadensanfall ist jeweils für den einzelnen Waldort (Distrikt bzw. Abteilung) anzugeben. Die Anmeldung des Schadens muss so rechtzeitig vor Aufarbeitung des Schadholzes erfolgen, dass eine eventuelle Überprüfung des Schadens durch den Forstsachverständigen der Steuerverwaltung erfolgen kann. In dringenden Fällen (z.B. sofort aufzuarbeitender Borkenkäferbefall) ist auch eine telefonische Anmeldung möglich. Die schriftliche Anmeldung ist umgehend nachzureichen. Vor der Anmeldung bereits aufgearbeitetes Schadholz kann nicht als Kalamitätsnutzung anerkannt werden. Falls sich bei der Aufarbeitung des Schadens herausstellt, dass die angegebenen geschätzten Schadensmengen erheblich überschritten werden, ist die Anmeldung unverzüglich im Wege einer Nachmeldung zu berichtigen. - Nachweis des Schadens mit Formular ESt 34b-Nachweis (Abschlussmeldung) Kalamitätsnutzungen sind unmittelbar nach Kenntnis der tatsächlichen Schadensmenge bei der Oberfinanzdirektion Karlsruhe mit dem Vordruck „ESt 34b-Nachweis (Abschlussmeldung)“ nachzuweisen.
II. Kalamitätsfolgehiebe
Bleiben nach einer Kalamität kleine Bestandesreste (z.B. einzelne Baumreihen entlang von Wegen/Kulturen) stehen, die aus forstwirtschaftlichen Gründen eingeschlagen werden müssen (sog. Kalamitätsfolgehiebe), werden diese nur dann als Holznutzungen infolge höherer Gewalt berücksichtigt, wenn sie nicht in die planmäßigen Nutzungen der nächsten Jahre einbezogen werden können, insbesondere aber, wenn nicht hiebsreife Bestände eingeschlagen werden müssen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.04.1961 Bundessteuerblatt 1961 III Seite 276 ff).
Die Anmeldung des Kalamitätsfolgehiebes muss unbedingt vor der Aufarbeitung eingereicht und mit dem zuständigen Forstsachverständigen der Oberfinanzdirektion abgesprochen werden. Ob der Einschlag forstwirtschaftlich notwendig ist, kann jeweils nur am stehenden Bestand beurteilt werden. Mit dem Einschlag darf regelmäßig erst nach örtlicher Überprüfung durch den Forstsachverständigen der Oberfinanzdirektion begonnen werden. Bereits eingeschlagene Bestandsreste, deren Besichtigung infolge verspäteter Meldung nicht mehr möglich ist, können als Holznutzung infolge höherer Gewalt nicht anerkannt werden. Der Nachweis von Kalamitätsfolgehieben muss wie bei einer Kalamitätsnutzung unmittelbar nach Kenntnis der tatsächlichen Schadensmenge erfolgen.
III. Rotfäuleschäden
Rotfäule kann nur dann als Holznutzung im Sinne des § 34b Abs. 1 Nr. 2 EStG (Kalamitätsnutzung) anerkannt werden, wenn folgende Bestimmungen zutreffen:
- Beträgt an einem Hiebsort die Anzahl der mit Rotfäule befallenen Fichtenstämme eines Bestandes nicht mehr als 50 v.H. der gesamten, geschlagenen Fichtenstämme, so ist dieser Rotfäuleanteil als regelmäßig und daher nicht als Kalamität anzusehen.
- Beträgt an einem Hiebsort die Anzahl der mit Rotfäule befallenen Fichtenstämme bei der Durchforstung oder beim Kahlschlag des Bestandes mehr als 50 v.H. der gesamten, geschlagenen Fichtenstämme, so ist von der gesamten, eingeschlagenen Fichtenholzmenge der Teil als Kalamität anzuerkennen, der dem 50 v.H. übersteigenden Vomhundertsatz der rotfaulen Stämme entspricht.
- Ein Fichtenstamm ist dann rotfaul, wenn mehr als 15 Prozent seines Durchmessers am Stammfuß durch Pilzbefall geschädigt ist.
- Bei Mischbeständen ist der Vomhundertsatz und die anteilige Holzmenge im Sinne der Nummern 1 bis 3 nur auf den Fichtenholzanteil zu beziehen.
Der Nachweis muss unmittelbar nach Kenntnis der tatsächlichen Schadensmenge erfolgen.